Was bedeutet chronischer SCHMERZ für den Menschen?

Nachdem ich im Oktober 2017 einen Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelbereich hatte, versuchte ich die Schmerzen mit Physiotherapie und Schmerzmitteln in den Griff zu bekommen. Aber irgendwie half nichts so wirklich, bzw. immer nur kurzfristig. Mit der Zeit hatte ich das Gefühl, dass die Schmerzen nicht mehr nur auf den Wirbelsäulenbereich, die hinteren Oberschenkel, das Gesäß und so, wirkten, sondern sich immer mehr ausbreiteten. Meine Beine fühlten sich immer schwerer an, und in meinen Füßen spürte ich Schmerzen, als würde ein Elefant darauf stehen. Meine Arme fühlten sich an, als hätte ich extremen Muskelkater und meine Hände konnte ich teilweise kaum bewegen. Jemandem zur Begrüßung die Hand geben war die Hölle, ich dachte mir würden alle Handknochen gebrochen. Alleine das Heben eines Glases oder einer Tasse waren zeitweise kaum möglich vor Schmerzen.

In den folgenden Monaten und Jahren wurde ich zum Teil stationär und auch ambulant behandelt. Alle möglichen Untersuchungen wurden angeordnet, viele verschiedene Behandlungsmethoden ausprobiert, Entspannungstechniken versucht anzuwenden, und die verschiedensten Medikamente nahm ich ein. Aber nichts, gar nichts half so wirklich andauernd. Auch eine wirkliche Diagnose konnte nicht gestellt werden. Neurologisch, rheumatisch, orthopädisch, alle möglichen Diagnosen konnten ausgeschlossen werden. Also blieb nur Fibromyalgie als einzige mögliche Diagnose übrig.

Mit den Jahren stellte ich viele Veränderungen an mir fest, ich war nicht mehr diejenige, die ich vor Oktober 2017 noch war. Ich konnte nicht mehr mithalten mit Freunden, ich war gereizter, ich war schnell genervt, ich fühlte mich meist schlapp und müde, ich hatte oft Angst, wie meine Zukunft verlaufen würde, ich war häufig sehr traurig über meine Situation und teilweise wurde ich des Lebens müde. Alle meine Ziele, die ich gehabt hatte, musste ich aufgeben, oder verschoben sich auf unbestimmte Zeit. Ich als Person, mein Verhalten, mein ganzes Wesen, hat sich in den ganzen Jahren der Erkrankung massiv verändert.

Aufgrund meiner Ausbildungen, aber auch meiner Resilienz (meiner psychischen Widerstandskraft gegenüber äußeren Einflüssen), fand ich mit der Zeit einen Weg mit den Schmerzen umzugehen und sie anzunehmen. Nein, sie sind tageweise noch immer nicht gut zu ertragen und ich muss mir auch weiterhin sehr oft noch Auszeiten nehmen, oder benötige für viele Dinge doppelt so viel Zeit, als es Gesunde brauchen würden. Mein Fokus hat sich aber verändert. Ich habe mein Ziel wieder stärker anvisiert und ich bin geduldig mit mir selbst geworden.
Ich kann keine Bäume mehr ausreißen, aber ich kann mein Wissen und meine Erfahrungen an andere Betroffene und auch an Angehörige weitergeben und ihnen helfen einen Weg für sich zu finden, mit dem sie wieder zufriedener und besser leben können.

Einführung

Schmerzen sind eine der grundlegenden Erfahrungen des menschlichen Lebens. Sie können akut oder chronisch auftreten, körperlicher oder seelischer Natur sein und in ihrer Intensität stark variieren.
Während akute Schmerzen meist eine Warnfunktion haben um den Körper vor weiteren Schäden zu schützen, können chronische Schmerzen zu einer dauerhaften Belastung werden, die das gesamte Leben beeinflussen.
Das persönliche Empfinden von Schmerz kann von Person zu Person sehr stark variieren und jeder Mensch reagiert unterschiedlich darauf.

Die Auswirkungen von Schmerzen beschränken sich nicht nur auf das körperliche Empfinden. Sie greifen tief in das emotionale und soziale Leben eines Menschen ein, beeinflussen sein Verhalten, seine Psyche und sogar seine Persönlichkeit.
Wer über längere Zeit unter Schmerzen leidet, erlebt häufig eine Veränderung seiner Stimmung, seines Denkens und seiner zwischenmenschlichen Beziehungen. Schmerzen können dazu führen, dass Betroffene sich sozial zurückziehen, von Hoffnungslosigkeit oder Ängsten geplagt werden oder eine erhöhte Reizbarkeit und Aggressivität entwickeln.
Gleichzeitig können sie aber auch eine größere, innere Widerstandskraft (Resilienz) fördern, wenn Menschen lernen, konstruktiv mit ihrem Leiden umzugehen.

In diesem Beitrag werde ich die verschiedenen Auswirkungen von Schmerzen detailliert erläutern. Dabei werde ich sowohl auf die körperlichen, als auch auf die psychischen Folgen eingehen, ebenso wie auf die langfristigen Veränderungen, die durch anhaltende Schmerzen entstehen können.

Als Selbst-Betroffene, aber auch als psychologische Beraterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, ist es mir wichtig, ein umfassendes Verständnis für die vielschichtigen Effekte von Schmerzen auf den Menschen zu vermitteln und zu verdeutlichen, wie tiefgreifend sie das Leben in all seinen Facetten prägen, sei es auf körperlicher, emotionaler oder sozialer Ebene.
Schmerzen beeinflussen nicht nur das individuelle Wohlbefinden, sondern auch die Beziehungen zu anderen Menschen, die Leistungsfähigkeit im Alltag und die persönliche Lebensqualität.
Indem ich die unterschiedlichen Auswirkungen von Schmerzen detailliert betrachte, möchte ich ein Bewusstsein dafür schaffen, wie entscheidend angemessene Schmerzbewältigungsstrategien und auch medizinische, psychologische und soziale Unterstützung für Betroffene sind.
Gerade die soziale Unterstützung lässt häufig nach einiger Zeit, in der die Schmerzen anhalten, nach. Nahestehende Personen von Betroffenen haben oft Schwierigkeiten mit den Stimmungsschwankungen, und auch der dauerhaften Mehr-Belastung, umzugehen.

Psychische Auswirkungen von chronischen Schmerzen

Chronische Schmerzen haben weitreichende Auswirkungen auf die Psyche, da sie nicht nur eine körperliche Belastung darstellen, sondern auch das emotionale Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Wenn Schmerzen über einen längeren Zeitraum bestehen, kann dies zu einem Teufelskreis aus Schmerz, Stress und psychischen Belastungen führen, der die Lebensqualität deutlich verringern kann.
Der ständige Schmerz und die damit verbundene Anspannung können zu Angstzuständen und Depressionen führen. Die Angst vor weiteren Schmerzen oder einer chronischen Erkrankung verstärkt den Stress und führt zu einer Zunahme körperlicher und geistiger Erschöpfung.

Diese psychischen Belastungen verstärken wiederum den Schmerz, da der Stresshormonspiegel steigt und das Schmerzerlebnis intensiver wird. Es kann zu Schlafstörungen kommen, die den Teufelskreis weiter anheizen, da fehlender Schlaf die Schmerzempfindlichkeit erhöht und das emotionale Wohlbefinden weiter beeinträchtigt. Zudem haben chronische Schmerzen häufig Auswirkungen auf das soziale Leben , da die Betroffenen sich zunehmend isolieren, um ihren Schmerz nicht vor anderen zeigen zu müssen, was zu weiteren Gefühlen der Einsamkeit und Verzweiflung führt.

Frau sitzt weinend auf Sofa, hat ein Kissen auf dem Schoß, den Kopf in die Hände gestützt und hält ein Taschentuch in der Hand
Bild von freepik
Entwicklung von Depressionen und Ängsten

Lang anhaltende Schmerzen können die psychische Gesundheit erheblich belasten und zur Entwicklung von Depressionen oder Angststörungen beitragen. Depressionen sind eine sehr häufige Begleiterkrankung bei chronischen Schmerzen. Menschen mit chronischen Schmerzen erleben häufig Gefühle von Machtlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Sie haben das Gefühl, die Kontrolle über ihren Körper und ihr Wohlbefinden, verloren zu haben. Der ständige Schmerz, die Einschränkungen im Alltag und das Gefühl der Hoffnungslosigkeit können zu depressiven Verstimmungen, Interessenverlust, Schlafstörungen, Müdigkeit und sogar Suizidgedanken führen.

Typische psychische Reaktionen sind zum Beispiel:

  • Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit, da chronische Schmerzen oft als
    dauerhafte, endlose Belastung empfunden werden. Zudem bleiben Behandlungsversuche sehr oft erfolglos, was bei den Betroffenen zu Frustration, einem Gefühl der Machtlosigkeit und Hoffnungslosigkeit führt. Diese anhaltende Frustration beeinflusst die Gedanken, die auf Dauer immer negativer werden. Das Gefühl, den eigenen Körper nicht mehr kontrollieren zu können, führt häufig zu einer tiefen Unsicherheit und kann das Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigen. Außerdem scheinen sich alle Vorstellungen von einer aktiven, glücklichen, zufriedenen Zukunft aufzulösen und es bleiben nur negative Zukunftsperspektiven. Anhaltend können all diese Gefühle und Gedanken zu einer depressiven Verstimmung und auch sogar zu einer klinischen Depression führen.
  • Angst vor Bewegungen und Aktivitäten. Angst ist eine natürliche Reaktion auf Schmerz. Bei chronischen Schmerzen kann sich diese Angst jedoch chronifizieren und zu Angststörungen führen.  Menschen können Angst vor der Schmerzverstärkung, vor den Folgen des Schmerzes im Alltag, vor dem Versagen im Beruf oder in sozialen Beziehungen entwickeln. Sogar Panikattacken können in extremen Fällen auftreten.
    Diese Ängste können das Vertrauen in den eigenen Körper stark verringern, sodass Betroffene das Gefühl haben, ihren Schmerzen hilflos ausgeliefert zu sein. Diese anhaltende Unsicherheit führt oft zu einem erhöhten Stresslevel, da der Körper dauerhaft in Alarmbereitschaft bleibt und selbst harmlose Bewegungen als potenzielle Gefahr gesehen werden.
    Viele Betroffene entwickeln ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten, bei dem sie nicht nur sportliche Aktivitäten, sondern auch alltägliche Bewegungen wie Treppensteigen, Spazierengehen oder Einkaufen meiden. Dadurch verringert sich ihre Selbstständigkeit zunehmend, was das Gefühl der Abhängigkeit von anderen verstärkt. Dies kann zu einem starken Verlust an Lebensqualität führen und das Risiko für Depressionen und Angststörungen erhöhen.
  • Ein gesteigertes Stressempfinden, da Schmerzen den Körper in einen dauerhaften Alarmzustand versetzen, wodurch vermehrt Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet werden. Diese anhaltende Stressreaktion kann dazu führen, dass Betroffene sich ständig angespannt und überfordert fühlen. Ein dauerhaft erhöhter Stresspegel beeinträchtigt zudem die Fähigkeit zur Entspannung. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, abzuschalten, was zu Schlafproblemen, innerer Unruhe und einer ständigen gedanklichen Beschäftigung mit den Schmerzen führen kann. Dies verstärkt das Gefühl der Erschöpfung und trägt dazu bei, dass sich Betroffene in einem Teufelskreis aus Stress und Schmerzen befinden.

Viele Menschen mit chronischen Schmerzen entwickeln eine pessimistische Lebenseinstellung und ziehen sich zunehmend aus ihrer sozialen Umgebung zurück. Die ständige Belastung durch Schmerzen kann das Vertrauen in eine positive Zukunft erschüttern, sodass Betroffene oft das Gefühl haben, dass sich ihre Situation nicht mehr verbessern wird. Dies kann zu Hoffnungslosigkeit führen und die Motivation, aktiv das Leben zu gestalten, stark verringern. Ein Rückzug aus dem sozialen Umfeld geschieht häufig schleichend. Anfänglich meiden Betroffene möglicherweise nur größere Veranstaltungen oder anstrengende Aktivitäten, doch mit der Zeit kann sich daraus eine allgemeine Vermeidung sozialer Kontakte entwickeln. Betroffene sagen Verabredungen überwiegend ab, weil sie sich erschöpft fühlen oder Angst haben, ihre Schmerzen könnten sich verschlimmern. Dies kann dazu führen, dass Freunde und Angehörige sich zurückziehen, weil sie zum Beispiel Absagen als Desinteresse oder Ablehnung missverstehen. Die zunehmende soziale Isolation verstärkte ihre negativen Gedanken und Emotionen. Ohne regelmäßige soziale Interaktion fehlt es an positiven Erlebnissen und Ablenkung von den Schmerzen. Zudem kann das Gefühl entstehen, nicht verstanden oder ernst genommen zu werden, was das Selbstwertgefühl weiter beeinträchtigen kann. Viele Betroffene erleben dadurch eine Spirale aus Einsamkeit, Niedergeschlagenheit und sozialem Rückzug, ein hohes Risiko für depressive Erkrankungen.

Reizbarkeit, Frustration und Aggressivität

Schmerzen sind eine dauerhafte Belastung, die viel Energie kostet. Diese Erschöpfung kann dazu führen, dass Menschen wesentlich empfindlicher auf äußere Reize reagieren und schneller gereizt oder aggressiv werden.

Mögliche Folgen der gesteigerten Empfindlichkeit können zum Beispiel sein:

  • Eine geringere Frustrationstoleranz, da die ständige Anspannung und der chronische Schmerzzustand die emotionalen und mentalen Ressourcen der Menschen immens beanspruchen. Alltägliche Stressfaktoren, die zuvor vielleicht keine große Bedeutung hatten, können plötzlich überwältigend wirken und die Betroffenen überreagieren lassen.
  • Eine verstärkte Reizbarkeit gegenüber Mitmenschen. Durch die gesteigerte Empfindlichkeit besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Missverständnisse in zwischenmenschlichen Beziehungen. Menschen mit chronischen Schmerzen nehmen im Alltag oft Situationen intensiver wahr und reagieren stärker auf Aussagen oder Handlungen anderer. Dies kann zu Konflikten führen, da die Betroffenen ihre Reaktionen als gerechtfertigt empfinden, während andere sie als übertrieben oder oder unangemessen wahrnehmen.
    Betroffene fühlen sich möglicherweise unverstanden oder isoliert, da ihr emotionaler Zustand oft nicht sichtbar ist, was die Kluft zwischen ihnen und ihren Mitmenschen erweitert und das Gefühl der Einsamkeit verstärken kann.
  • Ein allgemeines Gefühl von Ungeduld und Überforderung. Chronischen Schmerzen, die ständig vorhanden sind, zehren an den physischen und psychischen Ressourcen einer Person, sodass selbst alltägliche Aufgaben oder Interaktionen zunehmend als belastend empfunden werden.
    Die ständige Anspannung und der Mangel an Energie verstärken das Gefühl, dass Körper und Geist nicht in der Lage sind, mit den Anforderungen des Lebens Schritt zu halten. Dies führt zu einer schnelleren Frustration, da schon kleine Dinge, wie z.B. das Warten auf eine Antwort, eine unerwartete Änderung im Tagesablauf oder ein unvorhergesehen auftretendes Ereignis, als große Belastung empfunden wird.
    Dieses Gefühl der ständigen Überforderung kann das tägliche Leben erschweren und zu einer weiteren Verunsicherung führen, da die Betroffenen sich oft fragen, wie sie mit den vielen kleinen Herausforderungen noch umgehen können, ohne dabei ihre Energie völlig zu erschöpfen. Langfristig können diese Ungeduld und Überforderung zu einem Rückzug aus sozialen und beruflichen Aktivitäten führen, da Menschen das Gefühl haben, den Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Diese Isolation verstärkt wiederum das Gefühl der Hilflosigkeit und kann die psychische Belastung weiter verschärfen.

Diese emotionalen Veränderungen können zwischenmenschliche Beziehungen erheblich belasten, da das soziale Umfeld oft nicht nachvollziehen kann, wie stark und wie komplex dauerhafte Schmerzen das Verhalten eines Menschen beeinflussen.

Schlafstörungen

Schmerzen können den Schlaf erheblich beeinträchtigen, da das Nervensystem in einem Zustand der Alarmbereitschaft bleibt. Besonders bei chronischen Schmerzen haben Betroffene häufig Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen, da sie keine entspannte Position finden oder durch Schmerzen in der Nacht geweckt werden.

Ein gestörter und/oder mangelnder Schlaf kann zu zahlreichen negativen Problemen führen, darunter zum Beispiel:

  • Eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit, da Schlafmangel die Schmerzwahrnehmung verstärkt und die Schmerztoleranz sinkt. Dies geschieht, weil der Körper in der Tiefschlafphase wichtige Reparaturprozesse durchführt und schmerzregulierende Botenstoffe wie Endorphine und Serotonin produziert. Bleibt dieser erholsame Schlaf aus, werden Schmerzsignale intensiver wahrgenommen, und selbst leichte Beschwerden können als unangenehmer gelten.
  • Verminderte Regeneration des Körpers, da wichtige Reparaturprozesse, die während des Tiefschlafs stattfinden, nicht optimal ablaufen können. Während dieser Schlafphasen werden Wachstumshormone ausgeschüttet, die für die Zellerneuerung, die Muskelregeneration und die Gewebereparatur essentiell sind. Bleibt der Tiefschlaf aus oder wird er häufig unterbrochen, verlangsamen sich diese Prozesse erheblich, wodurch Wunden langsamer heilen und Muskelverspannungen oder -schäden länger bestehen bleiben.
    Darüber hinaus kann eine gestörte Regeneration das Immunsystem schwächen, da sich der Körper im Schlaf erholt und Immunzellen produziert, die Krankheitserreger bekämpfen. Wenn dieser Prozess beeinträchtigt ist, steigt die Anfälligkeit für Infektionen, und entzündliche Prozesse im Körper können sich verstärken. Dies kann langfristig zu chronischen Entzündungen führen.
  • Kognitive und emotionale Beeinträchtigungen, da bei Schlafmangel auch das zentrale Nervensystem unter einer unzureichenden Regeneration leidet.
    Schlaf ist für die Verarbeitung von Sinneseindrücken, die Regulierung von Stresshormonen und die Schmerzverarbeitung entscheidend. Ein Mangel an erholsamem Schlaf kann dazu führen, dass das Nervensystem überreizt bleibt, was Konzentrationsprobleme, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit und sogar auch Ängste zur Folge hat.
    Zudem werden während des Schlafs schädliche Stoffwechselprodukte im Gehirn abgebaut. Bleibt dieser Prozess aus, kann das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson steigen.

Da Schlafmangel die Schmerzverarbeitung negativ beeinflusst, entsteht oft ein Teufelskreis:
Schmerzen führen zu schlechtem Schlaf, und schlechter Schlaf verstärkt dadurch das Schmerzempfinden. Viele Betroffene können nur sehr schwer daraus ausbrechen.

Konzentrations- und Gedächtnisprobleme

Chronische Schmerzen können die kognitiven Funktionen beeinträchtigen.  Es kann schwerfallen, sich zu konzentrieren, Dinge zu merken oder Entscheidungen zu treffen.  Dies kann im Alltag und im Beruf zu Problemen führen und die Frustration weiter verstärken.

Frau sitzt schreiend am Schreibtisch und hat den Kopf in die Hände gestützt. Auf dem Tisch stehen eine Kaffeetasse und der Laptop. Drumherum liegen überall zusammengeknüddelte Papierblätter.
Bild von yanalya auf Freepik

Nachweislich negativ auf das Gedächtnis und die Konzentration wirken sich Schmerzen aus folgenden Gründen aus:

  • Ständige Reizüberflutung im Gehirn – Chronische Schmerzen aktivieren dauerhaft bestimmte Areale im Gehirn, vor allem jene, die für die Schmerzverarbeitung zuständig sind. Diese permanente Reizung beansprucht kognitive Ressourcen, sodass weniger Kapazität für andere geistige Leistungen wie Denken, Planen, Erinnern, Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnisbildung zur Verfügung steht.
  • Erschöpfung der mentalen Energie – Der ständige Kampf gegen den Schmerz ist extrem energieaufwendig, sowohl körperlich als auch geistig. Diese Erschöpfung führt dazu, dass Betroffene sich oft „neben sich“ fühlen, Gedankengänge verlieren oder sich nur schwer auf eine Aufgabe konzentrieren können. Man spricht hier auch von „brain fog“ (Gehirnnebel), einem Zustand geistiger Benommenheit.
  • Schlafstörungen – Wie bereits angesprochen, stören Schmerzen häufig den Schlaf. Schlafmangel wiederum hat direkten Einfluss auf das Arbeitsgedächtnis, die Informationsverarbeitung und die Konzentrationsfähigkeit. Wer dauerhaft schlecht schläft, kann sich weniger gut erinnern, hat eine langsamere Reaktionszeit und macht häufiger Fehler.
  • Emotionale Belastung – Chronische Schmerzen gehen oft mit psychischen Belastungen wie Angst, Reizbarkeit oder depressiven Verstimmungen einher. Diese Zustände wirken sich ebenfalls negativ auf die kognitive Leistungsfähigkeit aus. Wenn sich Gedanken ständig um den Schmerz oder die Angst davor drehen, bleibt kaum noch mentale Kapazität für konzentriertes Arbeiten oder Erinnern.
  • Erhöhe Ausschüttung von Stresshormonen – Lang anhaltender Schmerz führt zu einer erhöhten Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann die Funktion des Hippocampus – der Hirnregion, die für Lernen und Erinnern zuständig ist – beeinträchtigen. Das kann das Gedächtnis nachhaltig schwächen.

Chronische Schmerzen haben tiefgreifende Auswirkungen auf Gedächtnis und Konzentration. Die ständige Aktivierung von Schmerzarealen im Gehirn bindet kognitive Ressourcen, wodurch die Fähigkeit, sich zu konzentrieren oder Informationen zu speichern, deutlich eingeschränkt wird. Erschöpfung, Schlafmangel und psychische Belastungen wie Stress oder depressive Verstimmungen verstärken diesen Effekt zusätzlich. Auch die dauerhafte Ausschüttung von Stresshormonen kann die Gedächtnisleistung negativ beeinflussen. Insgesamt zeigt sich: Wer dauerhaft unter Schmerzen leidet, hat oft Schwierigkeiten, klar zu denken, sich zu fokussieren oder sich Dinge zu merken – was den Alltag erheblich erschwert und zu einem Gefühl geistiger Überforderung führen kann.
Oft führt dies auch zu Problemen im Beruf. Chronische Schmerzen können die Arbeitsfähigkeit immens einschränken. Konzentrationsprobleme, Leistungseinbrüche oder häufige Ausfallzeiten führen nicht selten zu Konflikten am Arbeitsplatz und oft sogar zum Jobverlust.

Sozialer Rückzug und Isolation

Viele Menschen mit chronischen Schmerzen meiden soziale Kontakte, da sie sich nicht erklären oder rechtfertigen wollen. Zudem kann die ständige Erschöpfung dazu führen, dass sich Betroffene nicht in der Lage fühlen, soziale Aktivitäten auszuüben, selbst wenn sie dies früher gerne getan haben. Die Energie, die für solche Interaktionen notwendig wäre, scheint einfach nicht vorhanden zu sein, was zu einem Rückzug aus dem sozialen Leben führen kann. Dieser isolierte Zustand verstärkt oft das Gefühl der Einsamkeit.

Die häufigsten Gründe für sozialen Rückzug sind:

  • Das Gefühl, nicht verstanden zu werden – Menschen mit chronischen Schmerzen fühlen sich oft allein gelassen, weil ihre Beschwerden nach außen hin unsichtbar sind. Dadurch, dass andere erwarten, dass man „sich nicht so anstellt“, erleben Betroffene tagtäglich eine hohe Belastung.
    Diese Diskrepanz zwischen Innen- und Außenwahrnehmung kann zu Frustration, Enttäuschung und dem Rückzug aus sozialen Kontakten führen. Viele vermeiden Gespräche über ihre Schmerzen, um nicht als „Jammerer“ abgestempelt zu werden, was langfristig das Gefühl der Isolation verstärkt.
  • Mangel an Energie – Chronische Schmerzen rauben Kraft, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Selbst kleine Aktivitäten wie ein Treffen mit Freunden, ein Telefonat oder ein Spaziergang können schnell überfordern. Die ständige Schmerzbewältigung verbraucht viele körperliche Ressourcen, sodass für soziale Interaktion oft keine Energie mehr bleibt. Das führt dazu, dass sich Betroffene häufiger zurückziehen, Einladungen absagen oder gar nicht erst an sozialen Ereignissen teilnehmen.
  • Weniger Lebensfreude – Wenn der Alltag vom Schmerz dominiert wird, sinkt oft die Motivation, sich auf schöne Dinge einzulassen. Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben, wie Hobbys, Reisen oder Treffen mit Freunden, verlieren an Reiz, weil sie entweder zu anstrengend geworden sind oder weil der Schmerz ohnehin ständig präsent bleibt. Dieser Verlust an Lebensfreude kann dazu führen, dass Betroffene sich immer mehr aus dem sozialen Leben zurückziehen und sich zunehmend in ihrer eigenen Welt einigeln.

Schmerzen und die daraus resultierenden psychischen Belastungen können dazu führen, dass sich Menschen sozial zurückziehen. Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben, werden vermieden, soziale Kontakte werden reduziert, und es kommt sehr oft zu sozialer Isolation. 
Sozialer Rückzug ist eine Schutzreaktion, vor Überforderung, Missverständnissen und weiteren Belastungen. Doch genau dieser Rückzug kann das seelische Leiden weiter verstärken. Die Isolation führt zu weiterem psychischen Stress, was die Schmerzverarbeitung zusätzlich negativ beeinflussen kann. Ein weiterer Teufelskreis entsteht.

Auf einer langen Treppe, zwischen zwei hohen Wänden sitzt weit oben eine einzelne Person ganz alleine.
Designed by Freepik

Körperliche Auswirkungen von chronischen Schmerzen

Schmerzen haben nicht nur eine unmittelbare Wirkung auf das Empfinden eines Menschen, sondern beeinflussen auch zahlreiche körperliche Prozesse. Der Körper reagiert auf Schmerzen mit einer komplexen Stressantwort, die sich auf das Nervensystem, das Herz-Kreislauf-System, die Muskulatur und viele andere Bereiche auswirkt. Wenn Schmerzen über einen längeren Zeitraum anhalten, kann dies tiefgreifende Folgen für die körperliche Gesundheit bedeuten und es können dauerhafte Schäden entstehen.

Erhöhte Stressreaktion und hormonelle Veränderungen

Wenn ein Mensch Schmerzen verspürt, aktiviert der Körper automatisch das autonome Nervensystem , insbesondere den sogenannten Sympathikus , der für die „Kampf- oder Flucht“-Reaktion verantwortlich ist. Dabei werden Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Diese Hormone wirken unter anderem auf eine Erhöhung der Herzfrequenz, eine Steigerung des Blutdrucks und eine verstärkte Durchblutung der Muskeln, um den Körper auf eine mögliche Reaktion auf die bevorstehende Bedrohung vorzubereiten.

Während diese Reaktion bei akuten Schmerzen hilfreich sein kann, führt eine dauerhafte Aktivierung des Stresssystems zu gesundheitlichen Problemen. Zu den möglichen negativen Folgen gehören:

  • Ein geschwächtes Immunsystem, da Cortisol die Immunabwehr unterdrückt und die Produktion von entzündungshemmenden Botenstoffen reduziert. Dadurch werden Krankheitserreger nicht mehr so ​​effektiv bekämpft, was die Anfälligkeit für Infektionen erhöht und den Heilungsprozess bei Verletzungen verlangsamt. Darüber hinaus kann eine anhaltende Immunschwäche dazu führen, dass chronische Entzündungen im Körper entstehen, die langfristig zu weiteren gesundheitlichen Problemen wie Autoimmunerkrankungen oder sogar einer erhöhten Krebsanfälligkeit beitragen können.
  • Erhöhter Blutdruck und eine Belastung des Herz-Kreislauf-Systems, was das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöht, da die dauerhafte Anspannung des Körpers, und somit auch der Blutgefäße, zu Gefäßverengungen und Ablagerungen führen kann. Dies kann Arteriosklerose begünstigen, die Durchblutung beeinträchtigen und das Herz dauerhaft überlasten. Es steigt somit nicht nur die Gefahr plötzlicher Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch das Risiko für eine chronische Herzinsuffizienz, die langfristig die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität noch erheblich mehr einschränken kann.
  • Verdauungsprobleme, da der Körper in einem dauerhaften Stresszustand weniger Energie für die Magen-Darm-Tätigkeit aufwendet, was zu Beschwerden wie Sodbrennen, Durchfall oder Verstopfung führen kann. Zudem wird die Produktion von Verdauungsenzymen reduziert, wodurch Nährstoffe schlechter aufgenommen werden. Dies kann langfristig zu Mangelerscheinungen, einem geschwächten Immunsystem und einer erhöhten Anfälligkeit für Magen-Darm-Erkrankungen führen. Außerdem kann eine gestörte Darmflora das Gleichgewicht zwischen gesunden und schädlichen Bakterien im Verdauungstrakt beeinträchtigen, was Blähungen, Krämpfe und chronische Entzündungen begünstigen kann.

Langfristig kann eine anhaltende Stressreaktion zu Erschöpfung, Schlafstörungen und chronischer Anspannung führen, da der Körper dauerhaft in einem Alarmzustand bleibt und keine ausreichenden Erholungsphasen mehr findet. Dies kann die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, wodurch sich die Betroffenen ständig müde, gereizt und erheblich unkonzentriert fühlen.

Veränderungen der Körperhaltung und Bewegungseinschränkungen

Schmerzen beeinflussen das Bewegungsverhalten eines Menschen erheblich. Wer unter anhaltenden Schmerzen leidet, neigt dazu, unbewusst eine Schonhaltung einzunehmen, um die betroffenen Körperregionen zu entlasten. Dies kann kurzfristig zu einer Erleichterung führen, hat jedoch oft langfristig negative Auswirkungen.

Ein älterer Mann steht vornübergebeugt und hält seine Hand im Rücken.
Designed by Freepik

Typische Folgen einer veränderten Körperhaltung sind:

  • Fehlhaltungen und muskuläre Dysbalancen, da bestimmte Muskelgruppen überbeansprucht werden, während andere abgeschwächt werden. Durch die ungleichmäßige Belastung der Muskulatur kommt es langfristig zu verkürzten Muskeln und überdehnten Sehnen.
  • Verspannungen und Bewegungseinschränkungen, da Muskeln und Gelenke durch die reduzierte Nutzung an Flexibilität und Kraft verlieren. Wenn dadurch die Bewegung der Gelenke eingeschränkt wird, kann dies auf Dauer sogar Fehlstellungen der Gelenke verursachen, die dann zu zusätzlichen Verspannungen, Schmerzen und einer erhöhten Anfälligkeit für Verletzungen führen.
  • Eine erhöhte Belastung von Gelenken und Wirbelsäule, da Fehlhaltungen die natürliche Mechanik des Körpers beeinträchtigen. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen wie Physiotherapie, gezieltes Training oder Dehnübungen können sich diese Probleme mit der Zeit verschlimmern und in schweren Fällen kann es sogar zu degenerativen Veränderungen wie Arthrose oder Bandscheibenproblemen kommen.

Wenn länger andauernde Schmerzen nicht ernst genommen, und keine gezielten Gegenmaßnahmen wie z.B. Physiotherapie verordnet werden, kommt es sehr oft zu einer Verschlimmerung der Symptomatik.
Ein Beispiel ist eine Person mit chronischen Rückenschmerzen, die unbewusst eine einseitige Körperhaltung einnimmt. Diese Haltung kann auf Dauer zu Verspannungen in Schultern und Nacken führen, wodurch sich der Schmerz auf weitere Körperregionen ausbreitet.

Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System

Lang anhaltende Schmerzen belasten das Herz-Kreislauf-System , da der Körper dauerhaft unter Stress steht. Die anhaltende Ausschüttung von Stresshormonen führt dazu, dass:

  • der Blutdruck dauerhaft erhöht bleibt, was bedeutet, dass die Blutgefäße kontinuierlich einer hohen Druckbelastung ausgesetzt sind. Dies kann dazu führen, dass die Gefäßwände verdickt und unelastischer werden, was die Blutgefäße belastet und die Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Daher kann es zu einer Gefäßverengung (Arteriosklerose) kommen, die das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich erhöht, da der Blutfluss zu wichtigen Organen eingeschränkt wird und es zu Sauerstoff- sowie Nährstoffmangel in den betroffenen Geweben kommen kann .
  • das Herz stärker arbeiten muss, um das Blut trotz der verengten Gefäße ausreichend durch den Körper zu pumpen. Dies führt zu einer dauerhaften Überlastung des Herzmuskels. wodurch sich eine Verdickung des Herzmuskels entwickeln kann. Wenn die dauerhafte Mehrbelastung nicht mehr kompensiert werden kann, können sich in schlimmen Fällen eine Herzinsuffizienz, Atemnot und Wassereinlagerungen entwickeln. Zusätzlich steigt durch die Überlastung des Herzens das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln oder Embolien, was z.B. einen Schlaganfall auslösen könnte.
  • die Durchblutung gestört wird, was zu kalten Extremitäten (Arme, Hände und Beine, Füße) oder einer schlechteren Wundheilung führen kann. Zusätzlich kann es dazu kommen, dass verschiedene Organe nicht mehr optimal mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden, wie z.B. die Haut und auch Muskeln. Das führt dann häufig zu Taubheitsgefühlen und Muskelkrämpfen.

Besonders Menschen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind anfällig für diese Folgen, da ihr Körper die zusätzliche Belastung durch chronische Schmerzen schlechter kompensieren kann.

Auswirkungen auf das Verdauungssystem

Schmerzen wirken sich direkt auf das Verdauungssystem aus, da Stresshormone die Magen-Darm-Funktion beeinflussen. Viele Menschen mit chronischen Schmerzen leiden unter Beschwerden wie:

  • Sodbrennen und Magenschmerzen, da Stress die Magensäureproduktion erhöht und dies zu Reizungen und Entzündungen der Magenschleimhaut führen kann. Weitere Symptome sind in vielen Fällen Übelkeit und ein Völlegefühl. Langfristig kann die andauernde Reizung der Magenschleimhaut zu Schäden an der Magenwand führen, wodurch eine Entstehung von Magengeschwüren begünstigt wird. In schweren Fällen kann dies zu inneren Blutungen oder Durchbrüchen der Magenwand führen.
  • Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, da das Verdauungssystem durch eine dauerhafte Stressreaktion aus dem Gleichgewicht geraten kann. Ist der Körper ständig Stress ausgesetzt, wird das autonome Nervensystem aktiviert, was die normalen Funktionen und auch die Durchblutung des Verdauungstrakts beeinträchtigt. Außerdem können Stresshormone, wie z.B. Cortisol, auch die Darmbewegungen beeinträchtigen. Langfristig begünstigt Dauerstress die Störung der Darmflora, was den Körper anfälliger für Entzündungen und Infektionen macht. Außerdem führt dies dazu, dass Nahrungsbestandteile nicht verarbeitet werden können und es somit zu einer schlechteren Nährstoffaufnahme kommen kann. Diese Punkte können in schlimmeren Fällen zu einem Reizdarmsyndrom führen, wodurch wiederum Nahrungsmittelunverträglichkeiten entstehen können.
  • Appetitlosigkeit, Heißhunger und Fehlernährung, da der ständige Schmerzstress auch das Essverhalten beeinflussen und zu einer ungesunden Ernährung beitragen kann. Sehr oft wird, um Schmerzen zu vermeiden, darauf verzichtet sich mehrmals täglich die Zeit zu nehmen, gesunde Lebensmittel zu zu bereiten. Es wird häufig auf Fast-Food zurückgegriffen, oder auch ganz auf Essen verzichtet.
    Noch öfter kommt es vor, dass regelmäßig Schmerzmittel eingenommen werden, welche die Magenschleimhaut angreifen und das Risiko für Magengeschwüre oder Magen-Darm-Blutungen weiter erhöhen.

Ein gestörter Verdauungstrakt kann wiederum andere gesundheitliche Probleme verursachen, da die Aufnahme von Nährstoffen beeinträchtigt, und somit der gesamte Stoffwechsel, beeinträchtigt wird.

Person sitzt auf Bettkante und hält sich mit beiden Händen den Bauch
Bild von katemangostar auf Freepik
Auswirkungen auf das Immunsystem

Dauerhafte Schmerzen können das Immunsystem schwächen, da der Körper durch die ständige Aktivierung des Stresssystems weniger Energie für die Immunabwehr aufbringen kann. Die Folgen können sein:

  • Eine erhöhte Infektionsanfälligkeit, da das Immunsystem weniger effizient gegen Krankheitserreger arbeitet. Wenn der Körper durch chronische Schmerzen und dauerhaften Stress belastet wird, kommt es zu einer verstärkten Ausschüttung von Stresshormonen wie z.B. Cortisol. Cortisol vermindert die Funktion des Immunsystems, so dass Abwehrzellen weniger aktiv sind und Krankheitserreger schlechter bekämpfen können.
  • Längere Heilungsprozesse, da die Wundheilung durch einen gestörten Stoffwechsel verzögert wird.
    Das bedeutet, dass selbst kleine Verletzungen oder Schnitte länger brauchen, um zu heilen. Dadurch steigt das Risiko für Infektionen, chronischen Wunden oder auch Geschwüren.
  • Eine erhöhte Anfälligkeit für chronische Entzündungen, da das Immunsystem durch den Schmerz dauerhaft aktiviert wird und sich gegen den eigenen Körper richten kann. Diese fehlgeleitete Immunreaktion kann die Entstehung oder Verschlimmerung von Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn, Hashimoto oder Multipler Sklerose begünstigen.
    Zudem kann eine chronische Entzündungsreaktion langfristig Gewebe und Organe schädigen, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und neurodegenerative Erkrankungen wie z.B. Alzheimer Demenz, erhöhen kann.

Diese negativen Effekte können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und dazu führen, dass chronische Schmerzpatienten oft und länger anhaltend unter Infekten oder entzündlichen Erkrankungen leiden oder sogar noch andere, schwerwiegende, körperliche Erkrankungen entwickeln.
Darüber hinaus kann eine anhaltende Entzündung zu längerer Müdigkeit, Erschöpfung und depressiven Verstimmungen führen, da entzündungsfördernde Botenstoffe das Nervensystem und die Psyche negativ beeinflussen. Dies kann einen Teufelskreis aus Schmerz, Entzündung und psychischer Belastung in Gang setzen, der die Lebensqualität auf allen Ebenen erheblich einschränkt.

Allgemeine Erschöpfung und verminderte Leistungsfähigkeit

Chronische Schmerzen führen oft zu einer tiefen körperlichen Erschöpfung , da der Körper ständig mit der Schmerzbewältigung beschäftigt ist. Dies äußert sich in:

  • Einem allgemeinen Gefühl von Müdigkeit und Kraftlosigkeit, da die Energiereserven des Körpers kontinuierlich beansprucht werden. Der Organismus befindet sich dauerhaft im Alarmzustand, was zu einem erhöhten Energieverbrauch führt. Gleichzeitig bleibt der Körper durch die ständige Ausschüttung von Stresshormonen angespannt, sodass die für Erholung und Regeneration notwendigen Prozesse nicht mehr optimal ablaufen.
  • Einer verminderten körperlichen Leistungsfähigkeit, da Bewegung und alltägliche Aktivitäten immer anstrengender werden. Betroffene vermeiden sehr oft Alltagsaufgaben, da jede Bewegung Schmerzen verursachen könnte. Dadurch wird die Muskulatur weiter geschwächt, was zu einer weiteren Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit führt. Dauerhaft verliert man dadurch seine Koordination und das Gleichgewicht, es kommt zu Konditionsverlust, Gewichtszunahme und eine erhöhte Anfälligkeit für weitere Erkrankungen.
  • Konzentrationsproblemen und mentaler Erschöpfung, da Schmerzen viel Aufmerksamkeit erfordern und das Gehirn dauerhaft belastet wird wodurch die Gedächtnisleistung nachlässt. Die ständige Ablenkung durch den Schmerz erschwert es, den Fokus auf alltägliche Aufgaben wie Arbeit, Studium oder soziale Interaktionen zu richten. Es kommt zum Gefühl der Überlastung, des „ausgelaugt seins“ und kann sogar zum Burnout führen.

Diese Form der Erschöpfung kann die Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen, erheblich einschränken und zu einem weiteren Rückzug aus dem sozialen und beruflichen Leben führen.


Langfristige Folgen von Schmerzen

Veränderte Persönlichkeit

Chronischer Schmerz wirkt tiefgreifend auf die Psyche und den Körper. Über Monate oder Jahre hinweg kann sich die Persönlichkeit eines Menschen deutlich verändern. Häufige Entwicklungen sind:

  • Reizbarkeit und emotionale Labilität – Die ständige Belastung durch Schmerzen, Schlafmangel und Überforderung kann dazu führen, dass Betroffene schneller gereizt, aggressiv oder emotional instabil reagieren.
  • Rückzug und Vermeidung Menschen mit chronischen Schmerzen ziehen sich oft sozial zurück. Sie vermeiden neue Situationen oder Herausforderungen aus Angst vor Schmerz oder Überforderung, was zu Unsicherheit, Misstrauen oder sozialen Ängsten führen kann.
  • Verlust an Lebensfreude und Interessen – Früher geliebte Aktivitäten verlieren an Bedeutung, weil sie zu anstrengend oder mit Schmerzen verbunden sind. Dies kann zu Anhedonie (Unfähigkeit, Freude zu empfinden) führen.
  • Pessimismus, Verbitterung und Misstrauen gegenüber der Zukunft – Mit der Zeit kann sich ein dauerhaft negatives Weltbild entwickeln. Gefühle wie „Ich bin eine Last“, „Mir kann eh keiner helfen“ oder „Mein Leben ist kaputt“ können sich verfestigen.
  • Identitätsveränderung:
    Für viele wird der Schmerz so zentral, dass er Teil ihrer Identität wird. Aussagen wie „Ich bin mein Schmerz“ oder „Ich war mal ganz anders“ spiegeln wider, wie sehr sich das Selbstbild verändert hat.

Das Umfeld stellt oft fest, dass sich die Betroffenen nicht mehr so verhalten, wie sie es vor der Erkrankung getan hätten. Das kann außerdem noch zu Konflikten in Freundschaften und Partnerschaften führen.

Suchtgefahr

Um Schmerzen zu lindern, greifen viele Menschen zu Schmerzmitteln, Alkohol oder anderen Substanzen.
Insbesondere chronische Schmerzen führen häufig dazu, dass Betroffene dauerhaft Medikamente einnehmen, oft über Monate oder Jahre hinweg. Medikamente wie zum Beispiel Opiate (Morphin, Tramadol) haben ein hohes Abhängigkeitspotenzial.

Mehrere Tabletten liegen in einer geöffnete Handfläche
Designed by Freepik

Suchtverhalten kann entstehen, wenn folgende Punkte vorliegen, bzw. sich entwickeln:

  • Toleranzentwicklung – Der Körper gewöhnt sich an die Wirkstoffe (z. B. Opioide, Tramadol, Ibuprofen), sodass mit der Zeit höhere Dosen nötig sind, um denselben Effekt zu erzielen. Die Dosis wird also immer weiter gesteigert, weil die Wirkung nachlässt.
  • Abhängigkeit – Die regelmäßige Einnahme kann in eine psychische und/oder physische Abhängigkeit führen. Die Schmerzmittel werden nicht mehr nur gegen den Schmerz eingenommen, sondern auch, um Entzugssymptome zu vermeiden oder sich emotional zu stabilisieren.
  • Rebound-Effekt / medikamenteninduzierter Schmerz:
    Paradoxerweise können manche Schmerzmittel (besonders bei übermäßiger Einnahme) zu einer Verstärkung des Schmerzerlebens führen – ein sogenannter medikamenteninduzierter Kopfschmerz oder eine Chronifizierung durch Schmerzmittel entsteht.
  • Verlust anderer Bewältigungsstrategien:
    Die ständige Einnahme kann dazu führen, dass andere, gesündere Strategien zur Schmerzbewältigung (Entspannungstechniken, Bewegung, Achtsamkeit, Therapie) vernachlässigt oder gar verlernt werden.

Resilienz – Die positive Seite von chronischen Schmerzen

Nicht alle Menschen zerbrechen an chronischen Schmerzen – manche wachsen daran.

So belastend chronische Schmerzen auch sind, sie können – paradoxerweise – auch eine Quelle innerer Stärke und persönlicher Weiterentwicklung sein. Viele Betroffene entwickeln im Laufe der Zeit Resilienz, also die Fähigkeit, mit schwierigen Lebensumständen konstruktiv umzugehen und sich trotz Belastungen psychisch stabil zu halten.

1. Entwicklung von innerer Stärke
Menschen mit chronischen Schmerzen erleben täglich körperliche und seelische Herausforderungen. Wer es schafft, diese Belastungen zu meistern oder sich ihnen immer wieder neu zu stellen, entwickelt mit der Zeit eine besondere psychische Robustheit. Die tägliche Auseinandersetzung mit Schmerz erfordert Mut, Geduld und Durchhaltevermögen – Eigenschaften, die langfristig zu innerer Stärke beitragen können.

Hände greifen an einer Leiter die Sprossen nach oben
Designed by Freepik

2. Bewussterer Umgang mit sich selbst
Betroffene lernen oft, besser auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. Sie erkennen, wann sie sich überfordern, was ihnen guttut, und welche Grenzen sie ziehen müssen. Dieser achtsamere Umgang mit dem eigenen Körper und Geist kann helfen, nicht nur den Schmerz besser zu bewältigen, sondern auch insgesamt gesünder zu leben.

3. Priorisierung und Sinnfindung
Chronische Schmerzen zwingen Menschen dazu, ihr Leben neu zu ordnen. Oft kommt es zu einer Neuausrichtung von Prioritäten: Oberflächliche Dinge verlieren an Bedeutung, während innere Werte, Beziehungen oder kreative Ausdrucksformen an Gewicht gewinnen. In diesem Prozess kann eine tiefere Sinnfindung entstehen, manche entdecken neue Interessen oder Berufe, entwickeln Mitgefühl für andere Leidende oder engagieren sich sozial.

4. Emotionale Tiefe und Empathie
Wer selbst Leid erfahren hat, entwickelt oft mehr Verständnis für das Leid anderer. Viele Schmerzpatienten berichten, dass sie seit ihrer Erkrankung mitfühlender, geduldiger und verständnisvoller gegenüber anderen geworden sind. Manche Betroffenen entwickeln durch ihren Leidensweg eine tiefere Lebensphilosophie. Durch diese emotionale Tiefe können Beziehungen vertieft und neue Verbindungen geschaffen werden.

5. Aufbau von Selbstwirksamkeit
Auch wenn der Schmerz nicht immer kontrolliert werden kann, erleben viele Betroffene, dass sie Einfluss auf ihr Wohlbefinden nehmen können, etwa durch Bewegung, Ernährung, Achtsamkeit oder kreative Tätigkeiten. Dieses Gefühl der Selbstwirksamkeit („Ich kann etwas tun“) ist ein zentraler Baustein von Resilienz und stärkt das Selbstvertrauen.


Fazit
die tiefgreifenden Folgen chronischer Schmerzen erkennen und ihnen begegnen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass chronische Schmerzen weit mehr als nur ein körperliches Symptom sind. Sie wirken sich auf nahezu alle Lebensbereiche aus und sie beeinflussen zahlreiche physiologische (körperliche) und psychologische (mentale und emotionale) Prozesse. Über Wochen, Monate oder gar Jahre hinweg können sie das Denken, Fühlen, Handeln und den gesamten Lebensstil eines Menschen grundlegend verändern und die Lebensqualität massiv einschränken.

Ich habe aufgezeigt, dass chronische Schmerzen zum Beispiel zu Depressionen, Ängsten, Aggression, Gedächtnisproblemen, körperlichen Stressreaktionen, Bewegungseinschränkungen, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Problemen, Verdauungsstörungen, einer geschwächten Immunabwehr und auch allgemeiner Erschöpfung führen können.
Es bleibt also festzuhalten, dass chronische Schmerzen nicht einfach „vorübergehende Beschwerden“ sind, sondern ein komplexes Geschehen, das Körper, Geist und Sozialleben gleichermaßen betrifft. Sie können, wenn man sie ungebremst gewähren lässt, zu einer Medikamentenabhängigkeit, einem Verlust emotionaler Stabilität, sozialem Rückzug, tiefgreifenden Persönlichkeitsveränderungen, und im schlimmsten Fall sogar zu einen Suizid, führen.

Eine frühzeitige Erkennung der Prozesse auf allen Ebenen ist entscheidend, um diesen negativen Entwicklungen entgegenzuwirken.
Aufgrund dessen, dass die Folgen von chronische Schmerzen auf nahezu alle Lebensbereiche wirken, sollte die Behandlung nicht rein medikamentös erfolgen. Nur durch eine ganzheitliche Herangehensweise, die medizinische Versorgung, psychologische Unterstützung, sozialen Rückhalt und präventive Maßnahmen miteinander verknüpft, lassen sich diese Folgen minimieren. Diese Maßnahmen sollten im Besten Fall Hand in Hand greifen.
Solch ein integriertes Behandlungskonzept fördert zum einen die akute Schmerzlinderung, schafft aber vor allem die Grundlage dafür, dass Betroffene Selbstwirksamkeit und Resilienz entwickeln können.

Das übergeordnete Ziel besteht nicht allein darin, Schmerzfreiheit zu erreichen, sondern den Betroffenen ein selbstbestimmtes, sinnerfülltes und lebenswertes Leben zu ermöglichen, auch wenn der Schmerz weiterhin Teil ihres Alltags bleibt. Nur so kann verhindert werden, dass chronische Schmerzen zum Dreh‑ und Angelpunkt der Existenz werden, und stattdessen wieder Raum für Lebensqualität, persönliche Entwicklung und echte Hoffnung entsteht.

Warum habe ich genau dieses Thema als meinen allerersten Blogartikel gewählt?

Aufgrund meiner eigenen Schmerzerkrankung habe ich selbst schon einige Therapien mitgemacht. Einige haben sehr gut geholfen, andere wiederum überhaupt nicht. Vor allem ist es mir anfangs wirklich sehr schwer gefallen an Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen teilzunehmen. Als selbstständige Entspannungstherapeutin hat mich das damals echt erstaunt und auch ziemlich runter gezogen.
In den letzten Jahren hat sich mir dann mit der Zeit das ganze „Gebilde“ des Schmerzes gezeigt, so dass ich immer mehr begriff, und Stück für Stück immer mehr verstand, was mir anfangs solche Schwierigkeiten bereitet hat.

Genau deshalb ist es mir heute sehr wichtig erst einmal darüber aufzuklären was Schmerzen für den Menschen ganzheitlich bedeuten. Dabei spreche ich sowohl den chronischen Schmerzpatienten selbst, als auch Angehörige, Freunde, Ärzte, Pflegepersonal, Betreuer, und das gesamte Umfeld, an.
Auch in meinem Leben höre ich immer wieder Sätze wie zum Beispiel: „Stell dich nicht so an.“, „Da musst du dich durchbeißen.“, „Wie, hast du immer noch Schmerzen?“, „Ja, so ist das, wenn man älter wird.“. Auch ich habe feststellen müssen, dass sich Menschen von mir distanzieren oder sogar den Kontakt abbrechen. Und auch mir begegnen Ärzte , die chronische Schmerzen nicht wirklich ernst nehmen, oder mich als Hypochonder hinstellen.
Aufklärung steht bei mir also an erster Stelle um SCHMERZ erst einmal als Ganzes zu verstehen.

Im weiteren Schritt möchte ich Betroffenen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie, trotz eventueller anfänglicher Skepsis, Angst, Wut, Hoffnungslosigkeit, Trauer und/oder Hilflosigkeit, es schaffen können, zurück zu mehr Lebensqualität zu finden.
In Einzelsitzungen kannst du als Betroffene/r gemeinsam mit mir deinen eigenen Weg finden um aus dem Schmerz heraus dein Leben wieder angenehmer und lebenswerter zu gestalten.

Person in der Rückansicht vor einem Wald stehend. Die Arme sind zu den Seiten hin noch oben gehalten und die Fäuste zu einer Siegerpose geballt.
Designed by Freepik

Mein Lebensmotto hieß immer: – TRÄUME NICHT DEIN LEBEN, LEBE DEINEN TRAUM –

Heute sage ich:
„LEBE DEINEN TRAUM – AUCH MIT SCHMERZEN“

2 Gedanken zu „Was bedeutet chronischer SCHMERZ für den Menschen?“

  1. Pingback: Was ich mit Schmerz-Psychotherapie bewirken möchte? – Alexandra Winkens

  2. Pingback: Chronischer Schmerz und Selbstfürsorge – 7 Wege zu mehr Stabilität und Lebensqualität – Alexandra Winkens

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen